Mai 2017

In den Morgenstunden unterwegs auf den Elbwiesen bei Wörlitz, Sachsen-Anhalt
Beim letzten Ausflug zu den Elbwiesen hab ich eine große Rotte Wildschweine im Wald gesehen. Ob ich sie heute vor die Kamera bekomme? Meine Hovawart-Dame lasse ich besser zu Hause. "Dann komme ich mit!" sagt mein Mann. – Na dann los.

Der Tag beginnt mit dichtem Nebel. Nicht die beste Voraussetzung, um mit dem Fotoapparat auf Tour zu gehen. Selbst die Sonne hat zunächst Schwierigkeiten Durchblick zu bekommen. Hoch in den Bäumen trillert lauthals eine Amsel ihren morgendlichen Gesang. – Ist das alles für heute? Eine kleine Amsel im Dunst der Nebelschwaden? Keine Wildschweine? Keine anderen Tiere?
Bevor es wieder nach Hause geht, kann ein Blick zur Elbe nicht schaden. Also stapfen wir durch's hohe nasse Gras, die Hosen sind ja sowieso schon bis oben nass. Langsam lösen sich immer mehr Nebelschwaden in Luft auf.

Auf der anderen Uferseite sind nun zwei Tiere zu sehen. Sind es Streuner? Nein, es sind Rehe. Was wollen sie hier an der Elbe? Wollen sie einem kühlen Schluck aus der Elbe nehmen? Genügt ihnen der Tau auf den saftigen Blättern nicht? Die Zwei stehen am Ufer, sehen nach links und rechts, und wieder nach links und rechts ... und ... und gehen in die Elbe. Bei dieser Strömung? Sie ertrinken doch! Was nun? Wir halten den Atem an. Jetzt nicht bewegen! Wie zu Salzsäulen erstarrt, stehen wir regungslos und beobachten das Geschehen. Lediglich der Finger am Fotoapparat will einige Momentaufnahmen festzuhalten.

Die starke Strömung der Elbe versucht die Tiere mitzureißen. Nur die Köpfe der zwei Rehe ragen aus dem Wasser hervor. Die gewaltige Wasserbewegung der Strömung zeichnet den Weg der mutigen Tiere. Die Elbe ist hier an dieser Stelle viel mehr als 100 Meter breit. Durch die unberechenbare Kraft der Elbe verlängert sich ihr Weg bis zu unserer Uferseite immer mehr. Es dauert Ewigkeiten bis das erste Reh unsere Seite erreicht. Erst jetzt erkennen wir, es ist ein Rehbock - zwei Böcke sind es.

Der zweite Rehbock muss allerdings aufgeben. Nach der knappen Hälfte des Weges bricht er sein Vorhaben ab und schwimmt zurück. Die Anstrengung war vergebens.

Jetzt konzentriere ich mich mit dem Sucher der Kamera auf das Schilf vor uns. Hier irgendwo ist der Rehbock in Deckung gegangen. Er sucht Schutz zum Verschnaufen. – Dann bewegt sich das Schilf. Zunächst zeigt sich das Gehörn. Vorsichtig, nimmt der Rehbock allen Mut zusammen und verlässt langsam sein Versteck. Noch immer stehen wir ohne jede Tarnung etwa 20 Meter regungslos vor ihm – zu nah für das scheue Tier?

Ja. – Mit großen Sprüngen tritt er nun die Flucht an. Der schützende, noch immer mit Nebelschwaden behangene Wald ist sein Ziel.

Langsam realisieren wir, was wir soeben gesehen haben. Also nehmen auch wir unsere Beine in die Hand und wollen nur noch nach Hause. Die Anspannung bleibt. Sind die Bilder gut geworden oder bleiben uns nur die Erinnerungen an dieses einmalige Erlebnis?

Die gespeicherten Bild-Informationen zeigen, der kleine Rehbock hat 5 Minuten mit den Elbeströmungen kämpfen müssen.



Die Rotte Wildschweine schieße ich sicher bei einem späteren Besuch in der Natur. – Natürlich nicht mit dem Gewehr, sondern wie immer mit der Kamera!